In knapp einem Monat wählen die Österreicher*innen einen neuen Nationalrat. Abseits des Wahlkampfs in Bierzelten, Kundgebungen in Fußgängerzonen und omnipräsenten Plakaten, kommen die Parteien und ihre Spitzenkandidat*innen an einem Thema nicht mehr vorbei. Wer im Gespräch bleiben will, sollte sich Gedanken machen, wie Facebook und Co. zu bespielen sind. Doch wie steht es im Kampf um Likes, Shares und Kommentare? Wer rittert um die meisten Facebookfans? Wer will mit welchen Inhalten überzeugen? Die Antworten darauf gibt es, wie immer, in unserem regelmäßigen Social-Media-Wahlkampf-Update.
Und so funktioniert es: Für unsere Analyse sehen wir uns mit Hilfe des Tools Fanpagekarma regelmäßig an, wie die Facebookseiten der Parteien und ihrer Spitzenkandidaten performen. Dazu werden verschiedene Kennzahlen wie Fans, Engagement oder Verteilung der Reaktionen (Like, Haha, Love, Traurig, Wütend) miteinander verglichen. Währung für unsere Form der Wahlprognose ist der Anteil am Gesamtvolumen aller Interaktionen, das heißt, wer wie viele Likes, Shares, und Kommentare im jeweiligen Zeitraum erzielen konnte. Dass sich unser Ergebnis, obwohl nicht repräsentativ, im tatsächlichen Wahlergebnis trotzdem sehr gut widerspiegelt, zeigen z.B. unsere Analysen zum Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 und zur letzten US-Wahl.
Wie Strache und Kurz um die höhere Fanzahl rangeln
Wie unsere Updates aus den letzten Wochen zeigen, findet der Facebook-Wahlkampf fast ausschließlich auf den Seiten der Spitzenkandidat*innen statt. Auf den meisten dieser Seiten ist es den User*innen nicht oder nur eingeschränkt möglich auf die Pinnwand zu schreiben. Viel mehr geht es darum, die potenziellen Wähler mit regelmäßigen (Live-)Videos, Postings oder Links zu Artikeln zu versorgen. Laut einer Recherche des ORF Report (Sendung vom 05.09.2017) sind es etwa bei der FPÖ rund 15% des Wahlkampfbudgets, die in den Social-Media-Wahlkampf fließen – es sei davon auszugehen, dass es bei SPÖ und ÖVP ähnlich viel sein dürfte. Passend dazu ist das Bild, dass sich vor allem wieder in der letzten Woche auf den Facebookpages von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache abzeichnet. War der FPÖ-Chef vor dem Wahlkampf der, der stets die meisten Facebookfans zählen konnte, wurde er von Kurz kurzzeitig überholt.
![Fanherkunft Kern](http://www.spinnwerk.at/blog/wp-content/uploads/2017/09/FanherkunftKern-300x197.png)
![Fanherkunft Strache](http://www.spinnwerk.at/blog/wp-content/uploads/2017/09/Fanherkunftstrache-300x197.png)
![Fanherkunft Kurz](http://www.spinnwerk.at/blog/wp-content/uploads/2017/09/FanherkunftKurz-300x197.png)
Auszugehen ist davon, dass dies unter anderem mit Hilfe von Page-Like-Ads passiert ist, die seit kurzem auch wieder dazu einladen, Fan von Straches Facebookseite zu werden. Zwar kann man sich, wie bekannt, mit hohen Fanzahlen rühmen, nur ist nicht immer alles Gold, was glänzt. Vor allem bei Sebastian Kurz sind durch den starken Zuwachs immer mehr Fans aus Deutschland zu finden (aktuell 193.213 von 690.422 ) – ein ähnliches Bild, das sich auch bei HC Strache abzeichnet ( 240.588 von 723.123). (Anmerkung: Momentan liegt Strache durch den plötzlichen Zuwachs um etwa 40.500 an einem Tag wieder vorne. Grund dafür sei die Zusammenlegung mehrer Fanseiten. Stand: 08.09.2017).
Video killed… all the other things
Was sich vor allem bei den Top 3 unserer letzten Analysen abzeichnet, ist, dass Kern, Kurz und Strache vor allem auf Videoformate setzen. Während bei Kurz und Kern Auszüge aus ihren jeweiligen ORF-Sommergesprächen zu den Top-Posts in letzter Zeit zählten, ist es bei Strache das Video eines Interviews mit dem deutschen Altkanzlers Helmut Schmidt, das bei den User*innen gut ankam. Zu finden sind daneben immer wieder Einstiege via Facebook-Live oder etwa die, von der FPÖ inszenierte, Serie „Die Hubers„. Eine inhaltliche Analyse der Facebook-Postings von Christian Kern, Sebastian Kurz und HC Strache gibt es übrigens in einem Blogbeitrag von comrecon.
Wer hat den größten Anteil am Gesamtvolumen aller Facebook-Interaktionen?
Bereits zu Beginn unserer Analysen zum aktuellen Social-Media-Wahlkampf hat sich gezeigt, dass ein beachtenswerter Anteil der Fans nicht aus Österreich stammt und somit nicht wahlentscheidend ist. Deswegen haben wir das Ergebnis für unser vorläufiges Fazit auf die Interaktionen eingeschränkt, die dem Anteil der Fans aus Österreich entsprechen. Dieses Mal mitgezählt wurden die Interaktionen aller, bei der Nationalratswahl antretenden Parteien und ihrer Spitzenkandidat*innen, sofern diese auf Facebook vertreten sind. Diese Ergebnisse fließen auch unter „Übrige“ in unsere Gesamtgrafik ein.
![Ameisenparteien NRW 2017](http://www.spinnwerk.at/blog/wp-content/uploads/2017/09/Bildschirmfoto-2017-09-08-um-14.22.51.png)
Interaktionen von GILT, Liste Pilz, FLÖ, KPÖ Plus & Die Weißen und ihren Spitzenkandidat*innen (31.08 bis 06.09, Fanpagekarma)
In unserem aktuellen Analysezeitraum (31.08. bis 06.09) zeigt sich, dass sich vor allem bei der FPÖ wieder einiges getan hat, die gemeinsam mit Heinz Christian Strache aktuell rund 45 % aller Likes, Shares und Kommentare für sich verbuchen kann. In Summe sind das 113.370 der 254.345 der kumulierten Interaktionen, die in der letzten Woche anzunehmender Weise aus Österreich stammen. Auf Platz zwei liegt die SPÖ mit Christian Kern, deren 58.557 Interaktionen 23,02 % des Gesamtvolumens ausmachen. Knapp dahinter liegen Sebastian Kurz und seine neue Volkspartei. Sie zählen 55.345 Interaktionen, die umgerechnet 21,76 % ergeben. (ohne die Einschränkung auf Interaktionen aus Österreich läge Kurz auf Platz 2). Die Grünen liegen mit 8.878 Interaktionen (3,49%) nun wieder vor den Neos, die es dieses Mal nur auf 4.911 Interaktionen (1,93%) schaffen.
Wir bleiben natürlich bis zur Wahl am 15.Oktober dran und haben ein Auge darauf, was sich im Social-Media-Wahlkampf tut.